Micro Moments in der Customer Journey
Das Smartphone hat mittlerweile den stärksten Einfluss auf den Verlauf der Customer Journey. Es kann in jeder Lebenslage genutzt werden und bietet unbegrenzten Zugang zu Informationen, Produkten und sozialen Kontakten. Ein aktueller Ansatz lenkt die Aufmerksamkeit nun auf entscheidende Augenblicke: die sogenannten Micro Moments während der Reise der Kunden hin zum Kauf. In diesen Micro Moments ist der Kunde empfänglich für Content aus Unternehmen und greift reflexartig zum nächstliegenden internetfähigen Device. In genau diesen Momenten werden Entscheidungen getroffen.
Für Unternehmen spielt es eine große Rolle, in genau diesen Momenten präsent und aktiv zu sein. Also dann, wenn der Kunde Unterstützung braucht, müssen Inhalte und Angebote vorhanden sein, die den Kunden zur Problemlösung und infolgedessen auch zum Kauf führen.
In der aktuellen Diskussion gibt es für Unternehmen drei Empfehlungen, wie sie sich für diese Momente aufstellen sollten:
- BeThere: die wichtigsten Momente zu identifizieren und in diesen mit ansprechenden Front-Ends und Inhalten präsent zu sein. Die Zielgruppe realisiert: „A-ha, hier wurde und wird mein Problem erkannt.“
- BeUseful: die handlungsrelevanten und zielführenden Informationen für den Kunden in verständlicher Weise bereit zu stellen.
- BeQuick: den Content schnell, nutzwert- und lösungsorientiert bereit zu stellen, denn Kunden sind in solchen Momenten ungeduldig, wenig loyal und damit wechselwillig. „Schnell“ sein bedeutet zu wissen, was die Zielgruppe will, bevor sie es braucht. „Schnell“ sein bedeutet auch: kurze Ladezeiten von Seiten und Inhalten.
Wie sollten diese drei Empfehlungen nun umgesetzt werden? Zur Identifikation dieser wichtigen Momente sollte zunächst eine Customer Journey-Analyse mit vorhandenen Touchpoints durchgeführt werden. Weiterhin sollten Top-Suchbegriffe, Themen und Trends sowie relevante Fragestellungen zu den Angeboten und Sortimenten, welche das Unternehmen bedient aufgegriffen werden. Micro Moments entspringen unterschiedlichen Bedürfnissen und Kontexten, die im Folgenden herausgearbeitet werden:
Situation/Kontext: I-need-some-ideas
In diesem Moment beginnt die Zielgruppe, sich für ein Produkt oder eine Produktkategorie zu interessieren und Ideen für die eigene häusliche Nutzung zu entwickeln. Die Konsumenten befinden sich also am Anfang ihrer Customer Journey und nutzen dafür oft die Suchfunktion über Suchmaschinen. Diese Situation bietet für Unternehmen die Chance, den Kunden mit nützlichen Inspirationen in die eigene Markenwelt zu involvieren. Abgesehen von einer guten Strukturierung mit keyword-getriebenen Titeln, Überschriften und Snippets sind qualitativ hochwertige und aussagekräftige Bilder erfolgsentscheidend. Die Zielgruppe soll sich ein schnelles, unkompliziertes Bild von den Produkten machen können.
Situation/Kontext: I-want-to-know
In diesem Moment kommt es darauf an, dass interessierte Konsumenten die gesuchten Informationen schnell erhalten und zwar in einem verständlichen, klaren und gut strukturiertem Rahmen (Usability). Die benötigten Informationen dienen eher der Inspiration und der Informationsbeschaffung als einer unmittelbaren Kaufabsicht.
Der Second-Screen taucht in diesem Zusammenhang öfters auf und spielt eine große Rolle. So kommt es vor, dass Kunden beim Fernsehkonsum von sich aus aktiv werden und nach einem Werbespot weiterführende Informationen im Netz via Smartphone, Tablet oder Notebook suchen, die in der Folge zu einem Kaufabschluss führen können. Aufbauend auf Keyword-Eingaben kommen Sie auf Seiten der Händler oder Marken an und suchen nach Bildern und Überschriften, die dem Angebot und Inhalt des TV-Spots entsprechen. Bei Nichterfüllung der Kundenerwartungen durch die angezeigten Inhalte besteht aber auch die Gefahr, dass die Kunden schnell das Interesse verlieren und sich abwenden.
Situation/Kontext: I-want-to-go
Der Kunde hat sich ausreichend im Netz informiert, ist jedoch noch unschlüssig oder es bleiben offene Fragen, die nicht online beantwortet werden können. Nun möchte er das Produkt bzw. Angebot live sehen. Er macht sich mit dem Smartphone auf die Suche nach einem lokalen Geschäft in der Nähe oder nach einem bestimmten Ort. Dieser Moment wird als I-want-to-go-Moment bezeichnet. In diesem Moment müssen Unternehmen parallel zu ihrem Webauftritt oder Online-Shop nutzwertige, relevante und schnell umsetzbare Hinweise bieten, die ein nahtloses und kanalübergreifendes Erlebnis ermöglichen. Studienergebnisse zeigen, dass eine Vielzahl von Konsumenten sich noch am gleichen Tag der Recherche zu einem stationären Laden aufmachen. Diese Chance für stationäre Händler sollte nicht vertan werden.
Situation/Kontext: Which-one´s-best
Angetrieben vom Ziel, das beste Produkt oder den besten Deal zu machen, nutzen Verbraucher ihre internetfähigen Devices, um
- Preis- und Markenvergleiche verschiedener Anbieter (sowohl Händler als auch Hersteller) zu analysieren
- Produktmerkmale zu eruieren
- Produktrezensionen zu lesen.
Als hilfreich für diesen Moment hat es sich auch erwiesen, sogenannte Bestseller ins Rampenlicht zu stellen und auch Produkte in ihrem Nutzungskontext abzubilden. Einen zusätzlichen Nutzen für Verbraucher bieten auch Hinweise auf lokal verfügbare Produkte.
Situation/Kontext: I-want-to-buy
Der Moment, in welchem sich Kunden für einen Anbieter, einen Händler oder eine Marke entschieden haben und damit auch ihre Informationsbeschaffung beenden wird als „I-want-to-buy“-Moment bezeichnet.
Unternehmen müssen dabei in Erfahrung bringen, welche Fragen der Kunde unmittelbar vor dem Kauf hat und diese konkret beantworten. Der Checkout-Prozess im Online-Shop spielt dabei eine große Rolle, da der Konsument es so schnell und reibungslos wie möglich haben möchte. Dabei ist eine Auto-Fill-Funktion bei Formularfeldern ebenso hilfreich wie das Angebot mehrerer Zahlungsarten oder Versanddienstleister. Der finale Preis spielt in diesem Moment ebenfalls eine zentrale Rolle, weshalb Gutscheine oder Aktionen im Checkout prominent platziert werden.
Darüber hinaus ist es für den Kunden entscheidend im Kaufabschluss zwischen verschiedenen Optionen wählen zu können. Nicht jeder Kunde will ein Kundenkonto mit umfangreichen Dateneingaben anlegen, sondern vielleicht eher einen kurzen Bestellvorgang als Gast mit möglichst wenig Abfragen hinter sich bringen. Als hilfreich können sich auch Click&Collect oder Reserve&Collect-Optionen erweisen.
Situation/Kontext: I-want-to-do
„I-want-to-do“- Momente können vor oder nach einem Kauf auftreten, wenn Konsumenten Hilfe benötigen, zum Beispiel ein Produkt auszuprobieren, ein Gerät zu warten oder das Kleingedruckte in Angeboten genau zu verstehen.
Eine weit verbreitete Option in diesem Zusammenhang ist die Plattform YouTube. Unternehmen nutzen Tutorials in Form von professionellen Videos, um die Kunden wirksam bei der Lösung eines Problem zu unterstützen – meist unter Hinweis auf ihre dazu passenden Produkte und Angebote.
Um für diese Situation kundenrelevante Inhalte vorzuhalten, müssen Unternehmen herausfinden, welche Themen, Fragen und Probleme in Zusammenhang mit ihrem Angebot auftreten. In welchem Kontext wird welcher Inhalt relevant? Was wollen die Kunden zum Thema und zu den Produkten lernen?
Köln im Dezember 2018
Autor: Niklas Mahrdt
Quellen:
Mahrdt, N.(2017): Multichanneling im Modehandel. Köln: BTE Verlag.
https://www.bte.de/publikationen/produkte/multichanneling-im-modehandel/
Think with Google (2015): Identifying the micro-moments within the customer journey. Abruf von:
https://www.thinkwithgoogle.com/marketing-resources/micro-moments/identifying-micro-moments-within-customer-journey/
Oracle Corporation (2018): Ideas Executed. https://designingcx.com/ und https://designingcx.com/customer-lifecycle-journey-needs/ sowie https://designingcx.com/workshop .
Plotter, K./Herold, Ch.(2018): Micro Moments als entscheidender Moment einer zunehmend fragmentierten Customer Journey. In: Rusnjak, A./Schallmo, D.R.A.(Hg.): Customer Experience im Zeitalter des Kunden: Best Practices, Lessons Learned und Forschungsergebnisse.
Zitiervorschlag für diesen Beitrag:
Mahrdt, Niklas (2018): Micro Moments in der Customer Journey. In: Media Economics Institut (Hg.): Cross Science (2018). Wissenschaftsblog für Marketing. Weblink: https://media-economics.de/cross-science/micro-moments-in-der-customer-journey/
(bitte unter Angabe des Abrufdatums zitieren)
Zum Thema dieses Blogbeitrags haben wir auch spannende Seminare:
https://media-economics.de/seminar-customer-journey-mapping/
https://media-economics.de/crossmedia/