10 Maßnahmen zur Vermeidung von Retouren im Online-Modehandel
Retourenkosten sind ein fester Bestandteil des Online-Modehandels, womit Shopbetreiber*innen und Omnichannel-Händler*Innen umzugehen wissen müssen. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß das Retourenverhalten sich branchenabhängig unterscheidet, wobei jedoch der Modehandel deutlich höhere Quoten verzeichnet. Dieser Beitrag zeigt mögliche Maßnahmen zur Retouren-Senkung auf.
Im Branchendurchschnitt kostet die reine Retourenabwicklung 7,93€, ohne dass etwaige Wertverluste Berücksichtigung finden. Davon sind 70% der Wiederaufbereitung zuzuschreiben und nur 30% den Portokosten. Die Wiederaufbereitung umfasst administrative Arbeit, wie erneutes Verbuchen, Funktionsprüfung und Bereitstellung neuer Verkaufsverpackung. Hinzu kommt ein Wertverlust durch den Gebrauch oder Test des erhaltenen Artikels durch den Kunden. Dieser beträgt im Branchendurchschnitt 13,1%, umgerechnet rund 7,25€. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher Gesamt-Retourenaufwand in Höhe von 15,18€.* Das stellt einen erheblichen Störfaktor auf die Profitabilität im Online-Modehandel dar.
Aber: eine Retoure sollte stets als Chance gesehen werden. Durch die gründliche Analyse der Gründe können zukünftige Retouren vermieden werden und die Kundenzufriedenheit langfristig erhöht werden. Das Erfahrungswissen kann auf die Sortimentsgestaltung Einfluss nehmen, um Rücksendungen zukünftig gar nicht erst entstehen lassen. Damit kommen Online-Modehändler*Innen wiederum der Erwartungshaltung der Kundschaft entgegen.
Nachfolgend nun zehn Maßnahmen in einer Checkliste, um Retouren zu vermeiden:
1. Aufgrund der Kosten und Aufwendungen der Retouren ist es für den Anbieter empfehlenswert die Wahrscheinlichkeit einer Retoure durch gute Produktbeschreibungen, Abbildungen und weitere Optimierungstools zur Produktvisualisierung zu minimieren. Sollte es dennoch zu einer Retoure kommen, sollte diese unkompliziert möglich sein.
2. Wichtig ist, dass der/die Einkäufer*in bzw. die Einkaufsabteilung die Retourengründe als Feedback erfährt, um Produkte mit Qualitätsmängeln aus dem Sortiment zu nehmen.
3. Eine weitere Maßnahme beinhaltet die direkte Ansprache von Vielretournierer*Innen mit dem Hinweis auf Größentabellen und anderen konstruktiven Hilfestellungen vor. Eine Folgemaßnahme kann eine selektive Belieferung oder im Extremfall eine Nichtbelieferung sein.
4. Zu den sortimentsbezogenen Maßnahmen zählen die Verbesserung von Qualitätskontrollen mit Blick auf Passform oder Funktionsfähigkeit, letzteres zum Beispiel bei Sportartikeln. Hierzu können Lieferanten geprüft, Artikel aus dem Sortiment genommen und durch Ersatzware ausgetauscht werden.
5. Weitere Maßnahmen beinhalten eine Überprüfung von Darstellungsanmutung und Warenrealität (insbesondere Farbechtheit) sowie die Umgestaltung von Bedienungsanleitungen oder Maßtabellen mitsamt konkreten Nutzungshinweisen. Das Angebot muss unverfälscht und realitätsnah dargestellt werden, um realitätsferne optische Ansprüche und daraus resultierende enttäuschte Erwartungen zu vermeiden. Dazu lässt eine hochauflösende Full-Screen-Detaildarstellung des Produktes die Ware wertiger wirken.
6. Kundenmeinungen in Form von Rezensionen oder FAQs können – nahe beim Produkt platziert- einen Mehrwert an Informationen für Kaufinteressenten bieten. Videochats können als Beratungsservice ebenfalls hilfreich sein.
7. Weiterhin ist zu prüfen ob das Rückgaberecht zu deutlich herausgestellt wird. Ein prominentes Beispiel ist hierfür Zalando mit dem Claim „Schrei vor Glück oder schick‘s zurück!“, welcher im Anschluss aufgrund der hohen Retourenkosten und daraus resultierender schlechter Rentabilität auf den ersten Teil gekürzt wurde.
8. Darüber hinaus kann der Appell an das Bewusstsein für Nachhaltigkeit helfen. Viele Händler erinnern daran, dass im Falle einer Mehrfachbestellung verschiedener Größen wir alle aus ökologischer und langfristiger Perspektive einen Preis dafür zu bezahlen haben.
9. Außerdem bietet sich die direkte Kontaktierung des Kunden bereits vor Fulfilment an, um Retouren im Vorfeld zu vermeiden. So nutzen professionell aufgestellte Online-Händler die Kontaktmöglichkeit, wenn die Warenkorb-Zusammenstellung ungewöhnlich, die Adressdaten Auffälligkeiten aufweisen oder die Bestellhistorie eine Marke setzt.
10. Die Verpackung ist so zu wählen, dass die Ware gewissenhaft positioniert und -sofern sinnvoll und notwendig- mit Füllmaterial gestützt ist. Das Paket soll im ersten Eindruck nach dem Öffnen durch die Qualitätsansprüche überzeugen. Als Ergebnis ergibt sich eine stimmige Wahrnehmung von Produktqualität und Verpackung, wodurch der Gesamteindruck positiv geformt und eine Retoure vermieden wird.
Bei konsequenter Anwendung der jeweils notwendigen Maßnahmen durch Fashion-Unternehmen sollte sich schon bald eine deutliche Verbesserung einstellen.
Niklas Mahrdt
MEDIA ECONOMICS INSTITUT
*Quellen der Kostenabschätzung:
Thieme, Jan (2006): Versandhandelsmanagement. S.318 und Asdecker, Bjoern
auf http://www.retourenforschung.de